suppose a rose is a rose is a rose

Dieser berühmte literarische Ausspruch, der Sinnbild für Abstraktion und Strukturalismus in der Moderne geworden ist, stammt von Gertude Stein, 1874 in Pennsylvania geboren und 1946 in Paris gestorben. Sie gehörte zu den schillerndsten Persönlichkeiten der Pariser Künstler- und Literatenszene zu Beginn diesen Jahrhunderts und empfing in ihrem Salon Leute wie Picasso, Matisse, Hemingway oder Ezra Pound. Gertrude Stein entwickelte ein witzig-ironisches Prosawerk voll stilistischer Raffinesse und Eigenheiten.

"Wenn Lebende sich zu den großen Toten legen, dann erhebt sich oft der Leichengeruch der fleddernden Anbetung. Die Kälte von verlogenen Verehrungs-Kathedralen macht uns erschauern. Doch das Trio Fuhrmann/Herzberg/Fuchs erinnert mich an Zeilen aus "Das Bad" von Yoko Tawada:"Etwas weiches berührt meine Lippen. Eine Seezunge. Sie schlüpfte in meinen Mund hinein und spielte mit meiner Zunge. Erst zärtlich, dann heftiger, zuletzt biß sie hinein und aß sie auf."

Musik und Literatur? Wer frißt wen? Auf dieser kostbaren CD überleben beide. Zur Freude von Aufgeklärten. Ich spüre das Zittern der Begierde in dieser Begegnung.

Michael Naura; Christina Fuchs ss.as.ts.bcl; Romy Herzberg Kontrabass; feat. Renate Fuhrmann Rezitation

Pressestimmen

Martin Laurentius in Jazzthing 9/99
Kontrasax, das Duo mit der Kontrabassistin Romy Herzberg und der Saxophonistin Christina Fuchs - bei "plays Gertrude Stein" durch die Rezitatorin Renate Fuhrmann zum interdisziplinären Trio erweitert-, hat sich dem lyrischen Werk der amerikanischen Dichterin Gertrude Stein(1874-1946)angenommen: 17 längere und kürzere, kammermusikalisch verspielte, zum teil frei improvisierte Variationen über Textfragmente der Lyrikerin: ein Jazz&Lyrik-Projekt ohne Pathos und Bedeutungsschwere.

Melodiva 3'99
"Eine Performance an der Schnittstelle von experimenteller Musik und literarischer Rezitation findet sich auf dieser zweiten CD des Duos KontraSax. Die beiden Musikerinnen Christina Fuchs(Saxes/Bcl) und Romy Herzberg(Kontrabass) sind beide keine Unbekannten mehr-sowohl als Instrumentalistinnen als auch als Komponistinnen. Hier finden sich nun Verschmelzungen von Kompositionen und Improvisationen, die sich um die von der Schauspielerin Renate Fuhrmann rezitierten Texte Gertrude Steins winden, sie tragen und ihnen so einen ganz eigentümlichen Glanz verleihen. Der lyrischen Sprache Gertrude Steins wird so noch einmal ein ganz neues Forum geboten, ohne sie durch überfrachtete Tongebilde zuzuschütten. Ganz im Gegenteil, diese CD lebt von ihrer Sparsamkeit, oder vielleicht besser: von dem Wissen, dass Literatur und Musik einander brauchen, um zu erstrahlen."

Nominiert für den Preis der deutschen Schallplattenkritik!!

Dieter Wackerbarth - Jazzpodium 7/99
Musik und Literatur gehen einmal mehr eine wunderbare Liaison ein. KontraSax mit Christina Fuchs, ss, es, ts, bcl, und Romy Herzberg, Kontrabaß, nehmen zusammen mit Renate Fuhrmann, Rezitation, Prosastücke und programmatische Texte Gertrude Steins zum Ausgangspunkt und lassen sich inspirieren zu diesem literarisch- musikalischen Portrait der Schriftstellerin. Die Stein (1874-1946), schillernde Figur der Literaturgeschichte und der Künstlerszene im Paris nach der Jahrhundertwende, räumt auf mit dem romantischen Poetik-Ansatz des 19. Jahrhunderts, mit dem Pathos politischer Propheten und einer bis dahin umjubelten Genieprosa. In dem 4. Stück der CD (,Keiner/Keine") wird sie im Modus des Melodram mit ihrem literarischen Bekenntnis rezitiert. "lch habe Sätze und Rhythmen und literarische Obertöne und den ganzen anderen Unsinn zerstört. Wenn die Kommunikation stimmt, ist Leben in den Worten. Und das ist das Geheimnis der guten Literatur. Man schreibt Worte auf das Papier, die tanzen und weinen und Liebe machen und kämpfen und küssen und Wunder vollbringen," Einzelne Worte, Einzelsilben werden zu eigenständigen Bedeutungsträgern dynamisiert als solche deklamiert, rhythmisiert, phrasiert, teils mit Delay und Colagetechnik übereinandergeschichtet. "Kei-ner/Kei-ne ... Irgend-einer/Ir- gend-ei-ne . . .". Ja, die kunstvolle Abfolge der Silben und Worte macht die Poesie aus. Sie "tut nichts als Substantive gebrauchen, verlieren, zurückweisen und zufriedenstellen und betrügen und liebkosen. Das ist, was Poesie zu tun hat!". Renate Fuhrmann rezitiert in diesem "Terzett für Stimme und KontraSax" pointiert und akzentuiert mit ausdrucksstarker Sprechstimme. Die beiden Musikerinnen agieren analog zum literarischen Ansatz. Im musikalischen wiederholt sich die Destruktion von Sätzen und Rhythmen, hin zu einer Atomisierung der Klänge und Geräusche bzw. zum Arrangement kunstvoller Abfolge oder Gleichzeitigkeit.

Romy Herzberg (Jahrgang 1951) und Christina Fuchs (Jahrgang 1963) sind Meisterinnen ihrer Instrumente, die sie mit poetischen "Soundings", im Spiel mit Klangmöglichkeiten und kleinsten Klangeinheiten ausloten: von Fageolett bzw. Überblastechnik über perkussives Spiel und Vocalising bis hin zur kunstvollen Tontechnik mit Overdubbing und Collage-Schnitten. Das ist im Grunde das Geheimnis guter Musik im Grenzbereich von Jazz und neuer Musik, wie wir sie bereits von Gabriele Hasler und anderen her kennen. Die Kommunikation stimmt. Leben ist in den Tönen. Sie tanzen und weinen und machen Liebe, sie kämpfen und küssen und vollbringen Wunder. Thematisch begegnet immer wieder die Rose. Titel heißen "Rose 1-3", "Glasrosen", "Rosenholz", "Rose arco", "Still a rose". Auch das Cover zieren blaue Rosen. Steins berühmter Ausspruch:"Suppose to suppose a rose is a ...", Sinnbild für Abstraktion und Strukturalismus in der Moderne, wird facettenreich und virtuos entfaltet. Ein ebenso unterhaltsames wie geistreiches Hörabenteuer voller Vielschichtigkeit und Raffinesse.

Auf dieser CD begegnen sich Improvisierte Musik, elektronische Wortbearbeitung und Rezitation von Originaltexten in einer ganz eigenen Art.

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